Hörsturztherapie: was gibt es Neues?
ExperteninterviewHörstürze zählen zu häufigen Ursachen für Schwerhörigkeit. Bei rezidivierenden Hörstürzen und ab dem 6. Lebensjahrzehnt erhöht sich das Risiko eines permanenten schweren Hörverlusts.
Welche neuen Trends in der Therapie gibt es? hearbetter hat nachgefragt.
Erfolgsfaktor Zeit
Univ.-Prof. Dr. Wolf-Dieter Baumgartner, von der Medizinischen Universität Wien und dem Karolinska Institut in Stockholm, betont vorab den Faktor Zeit in der Behandlung eines Hörsturzes. Je schneller diese starten kann, desto höher die Erfolgsaussichten. „Ein Hörsturz ist mit einem Infarkt im Ohr vergleichbar. Bei Herzinfarkten käme niemand auf die Idee, erst nach einer Woche zum Arzt zu gehen. Bei Hörstürzen sehe ich das leider schon des Öfteren“, bedauert der Spezialist.
Die HODOKORT Studie, eine multizentrische Langzeitstudie zur Effektivität und Sicherheit der systemischen Hochdosis-Glukokortikoidtherapie beim Hörsturz, beschäftigt sich mit dem Faktor Zeit. Zumindest in leichten Fällen könne man mit der Behandlung bis zu drei Tage abwarten und auf eine Spontanerholung zu hoffen.
Als Erfolg wird übrigens eine signifikante Verbesserung der 3PTA Hörschwellen gegenüber jenen des Ausgangswerts nach dem Hörsturz gewertet.
Kortison: altbewährt und gut
„Kortison gilt auch nach Jahrzehnten noch als einzige wirksame Substanz mit signifikantem Erfolg in der Hörsturztherapie“, berichtet Prof. Baumgartner. Dabei, so der Experte, sei die Darreichungsform von untergeordneter Bedeutung, da Kortison aufgrund der guten Resorption im Darm oral gleich gut verträglich und wirksam ist wie intravenös.
Die HODOKORT Studie kommt zu ähnlichen Erkenntnissen und blickte genauer auf die Dosis. Die gute Nachricht für Patient*innen: auch oral verabreichtes Kortison in niedrigerer Dosierung wirkt. Es muss nicht zwingend eine hochdosierte intravenöse Therapie sein, denn gerade bei Kortison macht die Dosis das Gift – anders gesagt, hochdosiert steigt das Risiko von Nebenwirkungen.
Auch intratympanale Therapien sah sich das HODOKORT Studienteam näher an. Ihr Fazit: Als Primärtherapie zeigten intratympanal dargereichte Kortikosteroide im Vergleich zu systemischen kaum Wirkung. Auch als Sekundärtherapie ist die Beweislage für die intratympanale Anwendung als schwach.
Operative Behandlungen weniger verbreitet
Operative Langzeitdarreichungsformen von Kortison via Innenohrkatheter werden nicht standardisiert, sondern meist nur als Kleinserie an Unikliniken angeboten, berichtet Prof. Baumgartner. Das gleiche trifft auf andere pharmakologische Substanzen als Kortison zu.
Fazit für die Praxis:
Trotz vieler verschiedener Ursachen für Hörstürze gilt oral verabreichtes Kortison nach wie vor als Therapieform Nr. 1. Auch wenn Unter-60-Jährige bessere Heilungschancen haben, sollten Betroffene ehestmöglich nach Auftreten der Symptome Spezialist*innen aufsuchen, um eine Therapie zu beginnen. Bei Über-60-Jährigen und bei rezidivierenden Hörstürzen, sinkt tendenziell die Erfolgsrate. Dann helfen nur mehr Hörgeräte bzw. in schweren Fällen Cochlea-Implantate.
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